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1. Wo sehen SIE die größten Chancen, wo die größten Herausforderungen für NPOs?
„Es gilt „Digitalisierung“ zu erfassen und inhaltlich zu füllen. Derzeit wird der Begriff von jedermann und zu jederzeit anders gefüllt. Entsprechend kann jede Betätigung in die Begriffswelt eingebunden werden und je nach Standpunkt als faszinierende Erfahrung oder als größtmögliche Sinnlosigkeit definiert werden.
Herausforderung und Chance ist es sich (mal wieder) auf eine gemeinsame Wahrnehmung der Welt zu einigen (das reicht vermutlich schon innerhalb der eigenen kleinen Peergroup oder innerhalb eines Teams). Aus dieser Analyse lassen sich Schritte ableiten, die jedoch nicht zwanghaft oder ausschließlich „Digitale Lösungen“ umfassen müssen.
Anbieten möchte ich den NPOs eine Sichtweise: Digitalisierung ist eine industrielle Revolution, wie zuvor schon die Dampfmaschine oder die Elektrisierung. Einhergehend mit massiven sozialen Auswirkungen und gesellschaftlichen Veränderungen. Wie zuvor auch ist die Digitalisierung ein Trägermedium, ein Werkzeugkasten mit Instrumenten und Möglichkeiten. Lösungen bietet Digitalisierung für sich alleine genommen nicht an. Wir können uns mit der Frage beschäftigen, welche Lösungen wir in Zukunft sehen bzw. erleben wollen.“
2. Wo sehen Sie die größten Chancen, wo die größten Herausforderungen für Multi-Stakeholder-Partnerschaften?
„Neue Technologien und gesellschaftliche Veränderungen werden von Gruppen unterschiedlich schnell aufgenommen, unterschiedlich bewertet und werden dementsprechend in unterschiedlichen Handlungsoptionen münden. Wie in der Vergangenheit auch ist es ratsam, bestehende Partnerschaften regelmäßig zu prüfen und sich über die gemeinsame Richtung zu vergewissern. Dabei sind unterschiedliche Wege zu akzeptieren und in letzter Konsequenz Partnerschaften auch zu beenden, wenn sie nicht mehr fruchtbar sind. Ich gehe davon aus, dass insbesondere bei öffentlichkeitswirksam arbeitenden NPOs die Partnerschaften schneller wechseln, da sie eben auch im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Organisatorisch können NPOs aktive Partnerschaften nur in begrenztem Maße eingehen. Deshalb gehe ich davon aus, dass es zumindest quantitativ keine größeren Verschiebungen geben wird, auch wenn sich die Arbeit in Multiprofessionellen Teams als erfolgreich erwiesen hat.
Zu fragen ist, welche qualitativen Auswirkungen entstehen. Partnerschaften, die nicht auf den ersten Blick als wertvoll erkannt werden oder beschrieben werden dürfen (Geschäftsgeheimnis, Partnerschaft zwischen Ungleichen, Experiment usw.), könnten im Fadenkreuz der öffentlichen Kritik beendet werden, bevor sie das „Gute Ziel“ erreichen oder gar nicht erst entstehen (Selbstzensur – „mit denen reden wir nicht“). Sollte zutreffen, dass Partnerschaften schneller beendet werden, kann die Zusammenarbeit auch nicht die Tiefe einer jahrzehntewährenden Partnerschaft erreichen. Das beugt sicherlich einer gewissen Betriebsblindheit oder Verfilzung vor. Der oftmals positiv beschriebene „kurze Dienstweg“ oder „Aktion auf Zuruf“ fällt dann ebenfalls weg. Möglicherweise wird in Folge eine neue Kultur des Vertrauens untereinander entstehen.
Darüber hinaus erwarte ich, dass Einzelgänger-Organisationen (Ortsgruppen, die sich selbst genug sind oder Landesverbände, die sich zwar auf eine gute Ressourcenlage berufen können, aber keine Basis für ihre Anliegen erreichen) künftig stärker unter Druck geraten werden. Schon heute fehlen ihnen oftmals Knowhow, Reichweite, oft auch Personal und TeilnehmerInnen. Sobald sich die öffentlichen Haushalte konsolidieren müssen, wird ihnen die finanzielle Basis fehlen.“
4. In welcher Art unterstützen Sie konkret NPOs bei der Erreichung der SDG?
„Als Referent für entwicklungspolitische Bildung bei der aej NRW ist es meine Aufgabe die SDGs in den Verbandsstrukturen vorzustellen und bei Bedarf mit den KollegInnen vor Ort passende Bildungsangebote bereitzustellen. Dabei öffne ich den Zugang zu den entwicklungspolitischen Netzwerken in NRW, sowohl im zivilgesellschaften Raum als auch Richtung Politik und Wirtschaft und unterstütze bei der Akquirierung von notwendigen Ressourcen. Aktuell wird eine Studienreise „Nachhaltigkeit“ mit allen Geschäftsführenden der Ev. Jugend in Westfalen durchgeführt.
Zweitens ist die Evangelische Jugend Mitglied im Landesjugendring NRW (LJR NRW), in dem sich die landesweit tätigen Jugendverbände organisieren (Ausnahme: Ring der Politischen Jugend). Der LJR NRW unterhält eine „Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit“, die sich sowohl mit internen Themen beschäftig (Wie müssen wir unsere Aktivitäten gestalten, damit sie auf die SDGs einzahlen? Wie können wir die Qualität und die Entwicklung unserer Aktivitäten messen?) als auch nach Außen aktiv wird (Beteiligung an Veranstaltungen, insb. der Landesregierung, um die Stimme junger Menschen einzubringen bzw. Vorzustellen). Die Ereignisse um den Hambacher Forst werden in der AG analysiert und bewertet. Die Ergebnisse sollen als Handlungsempfehlungen in die verbandlichen Kontexte aufgenommen werden.
Mit dem Fokus Bildung: Der Landesjugendring beteiligt sich seit einiger Zeit an der Dialogplattform „Kommunale Bildungslandschaften“. Bildung wird Seitens des Landesjugendrings als Schlüsselqualifikation gesehen. Nur hinreichend qualifiziert und mit (Bildungs-) Ressourcen ausgestattet, können Jugendliche den Anspruch einlösen, ihre Zukunft zu gestalten und nicht passiv zu erleben. Bildung kann dabei nicht auf den Formalen Teil der Schulbildung reduziert werden. Optimalerweise gelingt es in Kommunalen Bildungslandschaften, dass lokalen Anbietern von Bildung, ihre Inhalte und Angebote miteinander in den Dialog zu bringen und für unterschiedliche Zielgruppen und Bedarfe zur Verfügung zu stellen. NutzerInnen der Angebote werden dabei in ihren Bildungsbiographien begleitet und können sich so in der Bildungslandschaft orientieren und passgenaue Angebote finden. Formaler Bildung gelingt es regelmäßig Kindern- und Jugendlichen bereits im ersten Schuljahr die Neugier und das Interesse an der Welt zu entziehen. Inhalte und Ziele von Bildung konzentrieren sich formale Aspekte und weniger an Bedarfen. Das muss dringend aufgebrochen werden, ohne die berechtigen Aspekte formaler Bildung einzuschränken.